10 Dinge, die ich in einem Jahr ohne Alkohol gelernt habe
Ich habe es tatsächlich geschafft. Ich habe es ganzes Jahr auf Alkohol verzichtet.
Nicht ein Schluck Bier oder Wein, keine exotischen Cocktails mit exotischen Namen, keine Gin-Tonics und keine Caipirinhas. Noch nicht einmal an einer Praline mit Schnapsfüllung hab ich mich vergangen.
Ich war der einzige nüchterne Gast auf einer Hochzeit eines Freundes in Spanien, ich habe an meinem Geburtstag mit Tee angestoßen und ich habe auf Dates alkoholfreies Bier getrunken.
Ob ich stolz auf mich bin? Verdammt, ja!
Die meisten Menschen vergessen ihre Neujahrsvorsätze schneller als den letzten Gewinner von Germanys Next Topmodel. Doch ich habe durchgehalten. Ein ganzes Jahr lang.
Für viele Menschen ist der Konsum von Alkohol so selbstverständlich wie Pornos für Jugendliche. Alkohol ist ein soziales Schmiermittel, ein Stimmungsmacher, ein Sorgenvergesser. Und ja, Alkohol ist die Volksdroge Nummer eins.
Auch für mich war Alkohol lange Zeit selbstverständlich. Ob auf Partys, beim Grillen mit Freunden, auf Dates oder beim schicken Italiener um die Ecke.
Doch was passiert, wenn man ein Jahr lang keinen Alkohol trinkt? Verändert sich etwas?
Ja, sogar verdammt viel!
Ich habe in meinem Alkoholfreien Jahr 10 wichtige Dinge gelernt. Einige dieser Dinge waren überraschend, manche skurril und andere wiederum haben mein Leben verändert.
1. Ich habe aufgehört, davonzurennen
Die meisten haben es schon mal getan. Trinken, um zu vergessen, zu verdrängen oder etwas nicht spüren zu wollen.
Alkohol hilft, kurzfristig unangenehme Gefühle und Situationen zu bewältigen.
Viele Menschen trinken – oder besser gesagt, saufen – jedes Wochenende, um zu verdrängen, was für ein beschissenes, langweiliges und eintöniges Leben sie von Montag bis Freitag führen.
Viele Männer trinken auf Partys, damit sie endlich mal den Mut haben, eine Frau anzusprechen. Und nicht wenige Frauen trinken vor dem ersten Mal Sex mit einem neuen Mann, um entspannter zu sein.
Ich erinnere mich an ein Date mit einer jungen Ukrainerin letzten Sommer in Kiew. Wir kochten etwas bei mir zuhause und wussten beide, worauf es hinauslaufen würden. Ich war sehr entspannt, sie war sehr angespannt. Sie musste eine komplette Flasche Rotwein trinken, bevor sie mit mir ins Bett konnte. (Und falls du denkst, dass das daran lag, dass sie unattraktiv war: weit gefehlt! Sie ist eine äußerst attraktive Frau.)
Nur allzu gerne betäuben wir unsere Ängste mit Alkohol und benutzen ihn, um unangenehmen Gefühlen und Situationen aus dem Weg zu gehen.
Comic von Olis Cartoons
In dem Jahr, in dem ich nicht getrunken habe, konnte ich nicht davonlaufen. Weder vor meinen Ängsten, noch vor unangenehmen Gefühlen, Situation und Wahrheiten.
Dies war nicht immer einfach, aber es war verdammt befreiend.
2. Ich bin emotional stabiler
Alkohol hat eine Menge kurzweilige Auswirkungen. Wenn wir Alkohol trinken sind wir ungehemmter, direkter, sind redseliger und häufig auch fröhlicher. In Abhängigkeit der konsumierten Menge fühlen wir uns am nächsten Tag ein wenig groggy oder aber auch richtig beschissen.
Doch Alkohol hat auch langfristige Auswirkungen auf unsere Gefühlswelt.
In dem Jahr, in dem nicht getrunken habe, war ich emotional deutlich stabiler. Ich hatte weniger Stimmungsschwankungen und war generell besser gelaunt.
Als ich das einem Freund aus Italien erklärte, meinte er:
„Anchu, das glaub ich dir sofort. Je mehr und je häufiger ich trinke, desto düsterer werden meine Gedanken und desto schlechter fühle ich mich. Manchmal geht es sogar soweit, dass ich, wenn ich viel trinke, das Gefühl habe, leicht depressiv zu sein.“
Leider vergessen wir häufig, dass Alkohol auch langfristige Folgen hat.
3. Alkohol ist eine Droge
Eine der nervigsten Sachen im letzten Jahr war, anderen immer wieder zu erklären, warum ich keinen Alkohol trinke.
Auf jeder Party musste ich mich rechtfertigen. Und wiederholt und mit Nachdruck sagen: „Nein, man, ich mach keine Ausnahme. Und nein, ich werde auch nicht nur einen Shot mit dir trinken.“
Warum muss man sich dafür rechtfertigen, dass man seinen Körper und seinen Geist nicht kaputt macht?
Denn Alkohol ist die Volksdroge schlechthin. 1,77 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren sind in Deutschland alkoholabhängig. Fast 10 Millionen Menschen trinken so viel, dass es riskant für ihre Gesundheit sein kann. Und mindestens 74.000 Menschen sterben pro Jahr an den Folgen ihres Alkoholkonsums.
Alkohol ist so gefährlich, weil er sozialverträglich ist und sein Konsum meist von anderen unterstützt wird. Doch dabei sollten wir eins nicht vergessen: Alkohol ist eine Droge. Eine gefährliche.
4. Dating wird ehrlicher und unkomplizierter
Früher hat für mich – wie für die meisten Menschen – Alkohol zu einem Date dazugehört.
Durch Alkohol ist man weniger gehemmt, fröhlicher und die Stimmung lockert sich. Das hilft, wenn wir dem anderen näher kommen wollen.
Jemanden zum ersten Mal an die Hand zu nehmen, der erste Kuss und auch der erste Sex sind Dinge, die uns häufig Angst machen. Aber keine Sorge, dein Freund und Helfer Alkohol ist zur Stelle!
Im letzten Jahr hatte ich einige Dates. Doch statt mich auf Alkohol zu stützen, habe ich gelernt, meine Ängste zu überwinden und direkter zu sein. Und das hat mein Datingleben um ein Vielfaches einfacher und unkomplizierter gemacht.
5. Partys machen weniger Spaß
Ich werde hier nicht irgendeinen Unsinn erzählen. Ja, man kann auch nüchtern auf Partys Spaß haben.
Aber genauso viel, wie wenn man trinkt?
Verdammt, nein!
Und jeder, der was anderes erzählt, weiß schlichtweg nicht, wie man trinkt. Oder er nimmt Drogen.
Auf der anderen Seite werden die Wochenenden angenehm lang. Selbst wenn ich bis morgens um vier oder fünf Uhr unterwegs war, war ich am nächsten Tag spätestens um elf Uhr wach – und fit.
6. Ich habe viel Geld gespart
Da wir gerade bei Partys waren: In dem Jahr, in dem ich nicht getrunken habe, habe ich verdammt viel Geld gespart. Im Durchschnitt ein paar Hundert Euro im Monat.
Nicht selten habe ich früher einer wilden Nacht 50-80 Euro ausgegeben. Hier ein Drink, dort jemand eingeladen – schwupp, ist die Kohle weg.
Gerade an den Orten, an denen Alkohol und Feiern besonders teuer sind, wie zum Beispiel Ibiza, Hong Kong, Moskau oder Dubai, habe ich in den letzten Jahren verdammt viel Kohle versoffen.
7. Ich sehe besser aus
Ich habe mein Leben lang Sport gemacht und war immer einigermaßen in Form. Aber mein Waschbrettbauch sah noch nie so gut und definiert aus, wie im letzten Jahr. Und das, obwohl ich weniger Sport als je zu zuvor gemacht habe.
Alkohol hat nun mal eine Menge Kalorien. Und diese scheiß Kalorien setzen sich eben genau da an, wo man sie nicht haben will.
Abgesehen von einem flacheren Bauch ist auch meine Haut deutlich reiner geworden. Haare sind mir allerdings nicht nachgewachsen.
8. Sex ist ohne Alkohol besser
Früher hatte ich gerne betrunken Sex. Ich dachte, es wäre intensiver, wilder und hemmungsloser.
Nachdem ich an Neujahr zum ersten Mal seit einem Jahr wieder betrunken Sex hatte, kam es mir langweilig vor.
Ich spürte wenig, konnte das Ganze nicht so richtig genießen und war nicht präsent. Ich hatte das Gefühl, nicht ganz da zu sein und alles nur gefiltert wahrzunehmen.
Mir wurde der Unterschied besonders stark bewusst, weil ich die Frau, mit der ich im Bett war, letzten Herbst kennengelernt hatte und bis zu diesem Abend immer nur im nüchternen Zustand mit ihr Sex hatte.
Wenn man lernt, loszulassen, sich zu entspannen und dem anderen vertraut, ist Sex im nüchternen Zustand viel lustvoller, schöner und intensiver.
9. Komplett auf Alkohol zu verzichten ist nicht schwer
Hast du dir schon mal vorgenommen, weniger zu trinken? Ich auch. Aber es hat meistens nicht funktioniert.
Mit jedem Drink wird die Stimmung lustiger und die Willenskraft kleiner.
Doch komplett auf Alkohol zu verzichten war überraschend einfach. Ich kam nie in Versuchung. Für mich war klar, dass ich ein ganzes Jahr nicht trinken werde.
10. Klarheit
Nach einem heftigen Saufabend ist der nächste Tag meistens für die Katz. Ich bin zum Glück jemand, der am nächsten Tag trotz Kater einigermaßen fit ist. Doch heftiger Kater hin oder her, spätestens am übernächsten Tag ist man wieder fit und klar – oder man denkst es zumindest.
Wenn man Wochen oder sogar Monate lang kein Alkohol trinkt, erhält man eine neue Form von Klarheit.
Man sieht sich selbst und sein Leben in einem anderen Licht und es werden einem Dinge bewusst, die man vorher nicht gesehen hat – oder nicht sehen wollte.
Mit der Zeit gewöhnt man sich an diese Klarheit und wird süchtig danach. Es ist einfach ein verdammt angenehmes Gefühl, immer voll da zu sein und das Gefühl zu haben, der Verstand funktioniert.
Werde ich in Zukunft etwas ändern?
Seit Anfang dieses Jahres trinke ich wieder.
Wieso?
Weil Alkohol auch ein Genussmittel sein kann. Auch habe ich manchmal das Gefühl, dass es meine Kreativität und Inspiration fördert.
Hättest du mich jedoch vor meinem alkoholfreien Jahr gefragt, ob ich mir ein Leben ohne Alkohol vorstellen könnte, hätte ich vermutlich Nein gesagt. Jetzt sehe ich das anders.
Ich weiß nicht, ob ich in nächster Zeit völlig auf Alkohol verzichten werde. Doch das letzte Jahr hat mir die Augen geöffnet und mich nachdenklich gestimmt.
Eine leicht abgeänderte Version dieses Artikels ist Anfang 2017 im Stern erschienen. Der Artikel wurde mehrere tausendmal auf Social Media geteilt.
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