Die ständige Sucht nach mehr
Jeder Mensch strebt nach Glück.
Du, ich, der Bäcker um die Ecke, der Typ, das dir gestern die Vorfahrt genommen hat.
Doch nicht jeder Mensch verfolgt das Ziel auf die gleiche Art und Weise.
Viele Menschen glauben, dass sie glücklicher sein werden, wenn sie mehr von etwas bekommen.
Mehr Geld. Mehr Selbstbewusstsein. Mehr Liebe. Mehr Sex. Mehr Muskeln. Mehr Reisen. Mehr Freizeit. Mehr Selbsterkenntnis. Mehr Abenteuer.
Und in manchen Fällen ist mehr gut.
Wenn du nach zwei abstinenten Jahren zum erste Mal wieder Sex hast, wird es dich umhauen und du wirst dich fragen, warum zum Teufel du solange darauf verzichtet hast. Vermutlich wirst du auch glücklicher werden, wenn du nach etlichen Jahren des Dauer-Pleiteseins endlich eine gewisse finanzielle Stabilität erreichst.
Vor knapp zwei Jahren hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben einen fünfstelligen Betrag auf meinem Konto. Bis dahin bin ich immer gerade so über die Runden gekommen. Seitdem fühle ich mich definitiv glücklicher. Ich mache mir deutlich weniger Sorgen um die Zukunft als früher und ich muss nicht mehr auf jeden Euro achten.
Mehr Geld, mehr Sex, mehr Selbstbewusstsein, mehr Freiheit, mehr Abenteuer – mehr irgendetwas – kann dich in gewissen Fällen glücklicher machen.
Dass dich mehr von etwas glücklicher macht, ist jedoch eine Ausnahme. In den meisten Fällen ist das Streben nach mehr nämlich das Problem.
Mehr ist nicht immer besser
Stelle dir vor, du bist auf einer Betriebsfeier.
Es gibt ein reich gedecktes Buffet und jeder kann sich nach Lust und Laune bedienen. Es gibt sogar Schwarzwälder Kirschtorte, was deine Lieblingstorte ist. Da nur noch die Hälfte der Torte übrig ist und sie verdammt lecker aussieht, nimmst du dir gleich vier Stück. Du gieriges Ding, du.
Das erste Stück Torte schmeckt dir super. Einfach fantastisch! Du hast selten eine bessere Schwarzwälder Kirschtorte gegessen. Doch das zweite schmeckt dir schon weniger gut. Das dritte Stück kriegst du gerade so runter. Und beim vierten Stück fällt dir das Schlucken schwerer als einer Jungfrau bei ihrem ersten Blowjob … Ja, ja, ich bin ein Ferkel, ich weiß.
Die Sache ist die: je mehr du von etwas hast, desto weniger bringt es dir, noch mehr davon zu haben.
- Wenn du schon ein Smartphone besitzt, bringt dir ein weiteres Smartphone nicht allzu viel.
- Wenn du vollkommen vollgefressen bist, kannst du mit einem weiteren Hamburger nicht viel anfangen.
- Wenn du heute schon drei Mal Sex hattest, macht dich das vierte Mal auch nicht viel glücklicher.
OK, über den letzten Punkt kann man diskutieren, aber ich denke, du verstehst, was ich meine.
Leider wollen wir oft nicht wahrhaben, dass uns mehr von etwas nicht auch automatisch glücklicher macht. Und so streben wir nach noch mehr Geld, noch mehr Freiheit, noch mehr Anerkennung, noch mehr Sex, noch mehr persönlichem Wachstum, noch mehr Abenteuer oder noch mehr irgendetwas, obwohl wir schon mehr als genug davon haben.
Die Sucht nach innerem Wachstum
Diese ständige Sucht nacht mehr findet jedoch nicht nur im Außen statt, sondern auch im Innen.
Vor kurzem war ich mit einer Freundin beim Mittagessen. Sie ist noch nicht mal Mitte zwanzig und trotzdem schon Abteilungsleiterin im Verkauf einer großen Firma. Sie verdient sehr gut, sieht toll aus, ist humorvoll, intelligent und selbstsicher.
Als wir bei der Nachspeise angelangt waren, fragte sie mich, was sie noch an sich verbessern könnte.
Ich überlegte kurz und antwortete dann trocken: „Gar nichts“.
Sie schaute mich verblüfft an.
„Aber Anchu, du schreibst doch über Persönlichkeitsentwicklung. Gibt es denn nichts, was ich an mir verbessern könnte?“
Ich schaute sie an.
„Ja, es gibt etwas! Hör auf, dich ständig selbst verbessern zu wollen. Das ist die wohl beste Form der Persönlichkeitsentwicklung.“
Immer mehr Menschen glauben, dass der Weg zum Glück in der ständigen Selbstoptimierung liegt.
Mitschuld daran tragen auch Erfolgstrainer und Selbsthilfe-Gurus, die suggerieren, dass wir ständig nach mehr streben und an uns arbeiten sollten.
Wir sollen uns nie zufrieden geben, hohe Ansprüche haben und das nächste Level erreichen. Das Einzige, was zählt, ist Entwicklung, Fortschritt und Wachstum.
Doch diese Einstellung hält dich davon ab, zufrieden und glücklich zu sein. Und genau das ist das Problem der Persönlichkeitsentwicklung.
Heute schon an dir gearbeitet?
Menschen machen die Selbstoptimierung zu ihrer neuen Religion und glauben, dass die ständige Selbstverbesserung der Weg zu dauerhaftem Glück ist.
In vielen Fällen geht das Ganze jedoch nach hinten los, weil sie sich in der Selbstoptimierung verlieren und immer unzufriedener werden.
Persönlichkeitsentwicklung sollte keine dauerhafte Lebenseinstellung sein. Betrachte Persönlichkeitsentwicklung mehr als eine Art Werkzeug.
Wenn es etwas zu reparieren gibt, dann benutzt du das Werkzeug. Doch wenn es nichts zu reparieren gibt, lässt du das Werkzeug im Werkzeugkasten. Denn egal, wie nützlich ein Hammer manchmal ist, es macht wenig Sinn, ihn immer und überall mitzuschleppen.
Mehr geht immer
Das menschliche Gehirn hat das Bedürfnis, Dinge zu ändern, effektiv zu sein und Ziele umzusetzen.1 Viele Menschen sind deshalb zufrieden, wenn sie an ihren Zielen arbeiten und im Leben vorankommen.
Auch ich bin da keine Ausnahme. Ich fühle mich generell gut, wenn ich Artikel schreibe und neue Ideen entwickle, Sport mache oder anderweitig produktiv bin.
Verstehe mich also nicht falsch.
An deinen Ziele zu arbeiten, persönlich zu wachsen und im Leben voranzukommen ist grundsätzlich etwas Positives. Doch ständig nach mehr zu streben wird dich unzufrieden machen. Denn solange du mehr willst, wirst du nicht das genießen, was du schon erreicht hast.
Wenn du nach mehr strebst, fokussierst du dich oft nur auf das, was du noch nicht hast und vergisst all die Dinge, die du schon erreicht hast.
Wie oft konzentrierst du dich auf all das, was du schon hast?
Vor kurzem unterhielt ich mich mit einem Freund aus Wien. Es ging um meinen Blog. Ich erzählte ihm eine Weile von all dem, was noch nicht so läuft, wie ich mir das wünsche.
Irgendwann unterbrach er mich und meinte, dass ich mich mehr auf all das konzentrieren sollte, was ich schon erreicht habe. Ich sollte dankbar und stolz darauf sein, dass ich gut vom Schreiben leben kann, dass mir meine Arbeit Spaß macht und dass ich die Freiheit habe, morgens auszuschlafen und von überall aus zu arbeiten kann.
Ich schaute ihn kurz an. Dann bedankte ich mich bei ihm.
Viel zu oft glauben wir, dass wir nur noch eine Sache mehr erreichen müssen, um endlich glücklich zu sein.
Erst glauben wir, dass wir glücklich sein werden, wenn wir den Uni- oder Ausbildungsabschluss in der Tasche haben. Dann, wenn wir einen Partner haben. Dann ist es der Traumjob. Dann die Gehaltserhöhung. Dann das neue Auto. Dann das Haus. Dann ein Urlaub auf den Malediven. Dann ein Haus auf den Malediven. Und wenn wir das Haus haben, möchten wir die ganzen Malediven besitzen.
Nach mehr zu streben kann dich weit im Leben bringen. Doch wenn du immer nur mehr willst, bist du nie zufrieden. Denn mehr geht immer.
Du kannst immer noch selbstbewusster werden, noch mehr Geld verdienen, noch mehr reisen, noch einen schöneren Körper haben, noch mehr Freiheit erlangen, noch luxuriöser wohnen oder noch einen attraktiveren Partner finden.
An einen bestimmten Punkt in deinem Leben musst du also entscheiden, dass du genug von etwas hast. Denn nur, weil du mehr erreichen kannst, heißt das noch lange nicht, dass du es auch tun solltest.
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